Firmenportrait: Electronic Arts - Teil 1- 1982 - 1991
Ich glaube es gibt kein Unternehmen in der gesamten Branche, das derart polarisiert wie Electronic Arts. EA gilt vielen als absolut unsympathische "Geldmaschine" und "Spielefabrik", zudem vielen Retrofans als "Totengräber" vieler innovativer Spielestudios der 80er/90er und 2000er.
Bei wieder anderen gilt EA als absoluter Gipfel der technischen Perfektion, besonders wenn es um die Sportspielserien "FIFA", "NHL", NBA" und "Madden NFL" geht. Ähnliches gilt für Rennspiele und so manches Lizenzprodukt, vorwiegend aus dem Filmbereich (Harry Potter/Star Wars etc.).
Im ersten Teil der Geschichte von Electronic Arts beschränke ich mich auf die Zeit von der Gründung 1982 bis zum Jahr 1991. Also dem Jahr, in dem EA das erste andere Unternehmen zukaufte.
Electronic Arts wurde am 28.Mai 1982 vom ehemaligen Apple Mitarbeiter Trip Hawkins gegründet. Dieser hatte schon länger vor, eine Spielefirma zu gründen und war durch den Börsengang von Apple zu Geld gekommen, das er jetzt investierte. In der ersten Zeit hieß die Firma noch Amazin´ Software, wurde aber im Oktober 1982 in Electronic Arts umbenannt.
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Trip Hawkins 2013 |
Dieser Name hatte eine Bedeutung und eine Vorgeschichte: Größter Anbieter von Videospielen und Konsolen war damals Atari. Es gab in den 70ern nur Spiele der jeweiligen Konsolenhersteller, also keine "Third Party" Anbieter. Das änderte sich 1979 mit der Gründung von Activision, das komplett von enttäuschten Atari Leuten aufgebaut wurde und der erste "Third-Party" Anbieter war.
Atari sah nämlich die Programmierer als unwichtig an, sie durften ihre Namen nicht in den Spielen oder Credits veröffentlichen. Sie galten als austauschbar. Die Programmierer sahen sich aber als digitale Künstler und verlangten gehört und (in den Credits) gelesen zu werden. Einige beschwerten sich beim Atari-Boss und flogen prompt raus.
Electronic Arts trat an, was für eine Ironie wenn man sich die Firma heute ansieht, um diesen Künstlern eine Plattform zu geben. Man war also eine Art "Indie-Publisher" und stellte die Kunstform und den Individualismus des einzelnen Titels/Autors in den Vordergrund. Auch die Verpackungen der Spiele waren besonders und wirkten eher wie Plattencover, nur kleiner. Die ersten Spiele waren, natürlich zuerst für den Atari: Hard Hat Mack, Pinball Construction Set, Archon, M.U.L.E, Worms und Murder on the Zinderneuf. Ein weiterer wichtiger Titel aus den 80ern war Seven Cities of Gold.
Damit ist die Geschichte von EA in den 80ern eigentlich erzählt, denn objektiv war EA auf dem PC in den 80ern ein weitgehend bedeutungsloses Unternehmen. Es gibt einige Experten (darunter ein gewisser Podcast😁) die das anders sehen, aber ich bleibe dabei: Electronic Arts war in den 80ern wichtig für andere Plattformen, nicht aber für den PC. Kein PC Spieler der 80er wird Electronic Arts als Unternehmen wirklich wahrgenommen haben, was aber auch daran lag, das die Titel erst nach und nach für DOS umgesetzt wurden (siehe Spiele-Liste unten). Electronic Arts konzentrierte sich auf Apple II, Atari 8-Bit und den C64.
Auch von den Titeln her befindet sich keiner der frühen EA-Titel auf meiner Klassiker-Liste. Ich habe viel C64 gespielt damals, keiner der EA-Titel ist mir als besonders gut in Erinnerung geblieben.
Ende der 80er fing EA an, zusätzlich zum Publishing, eigene Spiele zu entwickeln. 1989 brachte EA einige Hits raus, die man heute noch kennt. Darunter befanden sich Spiele wie Indianapolis 500, John Madden Football, Neuromancer, Populous, Wasteland und Ferrari Formula One um nur einige zu nennen. Davon war ein einziges von EA selbst programmiert, es sollte aber der Start zum Welterfolg von "EA Sports" werden: John Madden Football!
American Football eignete sich, zusammen mit Golf, damals besonders gut für PC-Spiele. American Football war zu der Zeit einfacher umzusetzen als z.B. ein hektisches Fussball- oder Eishockey Spiel, welches mehr Animationen und "Echtzeit Reaktionen" erfordert hätte. Ebenfalls sehr oft vertreten bei den 80er Sportspielen waren, aus ähnlichen Gründen, Golfsimulationen.
1990 kamen weitere Titel raus, die eine gewisse Bekanntheit haben: Bards Tale Trilogy, PGA Tour Golf, Powermonger und LHX Attack Chopper, wieder nur Letzteres als Eigenentwicklung.
1991 ist, meiner Meinung nach das entschiedene Jahr für Electronic Arts. Erstmal verließ Gründer Trip Hawkins das Unternehmen um sich seinem, letztendlich kolossal gescheiterten, 3DO Konsolenprojekt zu widmen. Auch in diesem Jahr kamen einige wichtige Titel heraus, so z.B. weitere Sportspiele wie John Madden Football II, Earl Weaver Baseball II aber auch Chuck Yeagers Air Combat. Letzteres war wieder das einzige Spiel 1991, das EA selbst entwickelt hat.
Kleiner Exkurs zu Chuck Yeager:
Chuck Yeager, der übrigens vergangenen Dezember im Alter von 97 Jahren verstorben ist, war ein amerikanischer Fliegerheld... eigentlich: DER Fliegerheld der Nachkriegszeit! Ohne ihn wäre die Geschichte der Fliegerei nach dem 2. Weltkrieg anders verlaufen. Im 2. Weltkrieg flog er unter anderem die P51 "Mustang" (Screenshot oben) über Europa und war z.B. einer der ersten, die einen Luftkampf mit dem deutschen Düsenjäger ME-262 gewann. Nach dem Krieg wurde er Captain, später sogar Brigadegeneral. Er war nach dem Krieg sowohl für die US Airforce als auch für die NASA als Testpilot tätig. In dieser Funktion gelangte er zu Weltruhm:
Er war der erste Mensch überhaupt, der die Schallmauer durchbrach (1947 mit der Bell X-1).
Danach hat Chuck Yeager alles (Test-)geflogen, was Flügel hatte. Es war wirklich alles dabei: russische MiG 15, Starfigher. X-1A..... Letztere wurde ihm 1953 fast zum Verhängnis als ihm die Maschine bei Mach 2,44 außer Kontrolle geriet und er sie nach 51 Sekunden Trudeln über alle drei Achsen doch noch abfangen konnte. Eine fliegerische Meisterleistung!
Er war später noch in leitender/beratender Funktion in mehreren Kriegseinsätzen und auch nach seiner Pensionierung als Berater und Testpilot für US Airforce und NASA tätig.
Es gibt Statistiken die besagen, das kein Mensch in der Geschichte mehr unterschiedliche Fluggeräte bewegt hat, wie Chuck Yeager. Chuck hatte über 17.000 Flugstunden in 208 (!!!) verschiedenen Flugzeugtypen verbracht und viele davon im Grenzbereich bewegt. Zudem hat er in seiner Laufbahn fast jeden Rekord in Sachen Flughöhe, und -geschwindigkeit aufgestellt bzw. gehalten.
Zurück zu Electronic Arts:
Das Jahr 1991 war aber aus einem weiteren Grund wichtig: Es markiert den Beginn einer beispiellosen "Shopping Tour", in der EA in den 90ern viele große Studios aufkaufte und meistens kurze Zeit später schloss.
Da sich die Geschichte ab da sehr verzeigt und unübersichtlicher wird, mache ich hier erstmal einen Schnitt. In den nächsten Tagen geht es denn weiter mit der Geschichte von Electronic Arts und den Übernahmen. Anfange werde ich mit der, meiner Meinung nach, entscheidendsten Übernahme der Firmengeschichte. Welche das ist? Lasst Euch überraschen. 😜
Fazit:
In den ersten 10 Jahren war Electronic Arts vorwiegend ein, wie man heute sagen würde, "Indie-Publisher", der nur sehr wenig eigene Titel entwickelt hat. Auf anderen Systemen war EA sicherlich wichtig, wenn auch nicht wegweisend, aber auf dem PC eigentlich bedeutungslos im Vergleich zu anderen Branchengrößen wie Sierra oder Microprose. Mir jedenfalls ist in meiner aktiven C64- und PC-Zeit vor 1989 kein einziger EA-Titel untergekommen, aber zig Titel von Ocean, Epyx, Microprose und wie sie alle hießen. In den 90ern sollte sich EA aber krass wandeln, seine Wurzeln komplett vergessen und zu einer der entscheidenden Spiele-Firmen der Branche werden, auch und grade auf dem PC.
Übersicht der PC-Spiele von Electronic Arts
Eigenproduzierte PC-Spiele von Electronic Arts in den Jahren 1982 -1991:
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